DAG Nordhessen diskutiert im Kasseler Hafen über den Schutz kritischer Infrastrukturen
Ein Sommerabend, eine historische Kulisse – und viele drängende Fragen: Am 29. August verwandelte sich der Kasseler Hafen in ein Forum für Sicherheitspolitik. Die Deutsche Atlantische Gesellschaft Nordhessen hatte zum sicherheitspolitischen Sommerabend unter dem Titel „Kritische Infrastruktur im Fadenkreuz – Was können wir selbst zur Sicherheit beitragen?“ eingeladen – und zahlreiche Gäste folgten.
Schon die Atmosphäre stimmte: lauer Spätsommerabend, volle Reihen im Hafen-Kasino, gespannte Aufmerksamkeit beim Publikum. Nach einem historischen Einblick in die Geschichte des Hafens durch Commodore Jan Hörmann eröffnete Regionalleiter Jürgen Fischer den Abend. Regierungspräsident Mark Weinmeister, Schirmherr der Veranstaltung, machte in seinem Grußwort deutlich, dass Fragen der zivilen Verteidigung längst keine abstrakten Szenarien mehr sind. Stromausfälle, Cyberattacken oder Sabotageakte beträfen die Gesellschaft unmittelbar.

In der Podiumsdiskussion stellten Weinmeister und Eric Quiring, Leiter Public & Governmental Affairs bei SMA Solar Technology, die aktuellen Herausforderungen dar. Moderiert wurde die Debatte von Mathias Böswetter, Experte für kritische Infrastruktur beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft.
Weinmeister betonte, wie sehr Verwundbarkeit der Zivilgesellschaft auch die Wehrfähigkeit beeinflusse: „Je mehr die Versorgung der Bevölkerung gestört wird, desto stärker wirkt sich das auch auf unsere Streitkräfte aus.“ Hybridangriffe – von Cyberattacken bis zu Sabotageakten im Bahnbereich – seien längst Realität, auch in der Region Nordhessen. Kassel sei durch seine Verkehrsinfrastruktur und die lokale Wehrtechnik ein besonders sensibler Standort.
Quiring verdeutlichte aus Sicht der Wirtschaft, dass Energieversorgung heute untrennbar mit digitaler Sicherheit verbunden sei. „Wir werden viermal häufiger attackiert als andere Unternehmen“, so Quiring. Photovoltaik sei längst eine tragende Säule im Energiemix, müsse aber auch als kritische Infrastruktur anerkannt werden. Angriffe auf Software, Komponenten und Lieferketten seien für die Solarbranche tägliche Realität.
In der angeregten Diskussion mit dem Publikum ging es um Abhängigkeiten von Rohstoffen, europäische Industriepolitik, den Umgang mit Bürokratie und die Frage, wie viel „regulieren“ notwendig ist, um Resilienz tatsächlich zu stärken. Weinmeister sprach Klartext: „Wir brauchen da einfach eine bessere Kommunikation. Ich glaube, dass wir dort noch relativ blind sind.“ Damit machte er deutlich, dass Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft viel enger aufeinander abgestimmt werden müssen – und dass auch jeder Einzelne Opfer bringen und Einschnitte akzeptieren muss, wenn es um das Gemeinwohl und die Sicherheit geht.
Das Publikum zeigte sich hochinteressiert und nutzte die Gelegenheit, lange über die Veranstaltung hinaus im Hafen zu diskutieren. Bei Bratwurst und Getränken setzten die Gäste die Gespräche fort, vertieften Argumente und knüpften neue Kontakte.