Brüsseler Innenansichten von Rolf-Dieter Krause alias „Mr. Europa“ und Ralph Sina
Die Deutsche Atlantische Gesellschaft, die Gesellschaft für internationale Begegnungen Kleve und die Sparkasse Rhein-Maas hatten zum zweiten Mal anlässlich des Europatages eingeladen. Da der Europatag 2024 auf Christi Himmelfahrt fiel, ist man auf den 23. Mai ausgewichen. Die Termingleichheit mit dem Tag des Grundgesetzes erschien hierbei nur von Vorteil, wollte man doch auf die Zukunft der europäischen Union aus der Perspektive Deutschlands blicken.
Ralph Sina, ehem. Korrespondent in Nairobi, Washington und Brüssel moderierte nicht nur gekonnt durch den Abend, sondern hatte auch den Experten, Rolf-Dieter Krause, für die Talkrunde gewinnen können.
Rolf-Dieter Krause ist vielen bekannt als Fernseh-Journalist und ehemaliger Leiter des ARDStudios Brüssel. Insgesamt 15 Jahre war er Leiter dieses Studios und hatte natürlich viele Begegnungen mit europäischen Politikern und Presseleuten. Er kannte sich a us, nicht nur in der politischen Umgebung des enormen europäischen Apparats, sondern auch in den Winkeln und Gassen, wo Informationen ausgetauscht werden. All diese immensen Erfahrungen verliehen ihm den Titel „Mr. Europa“. Deshalb war es für Insider keine Überraschung, dass der in Europa sehr anerkannte Wolfgang Schäuble die Laudatio zu Krauses Verabschiedung hielt. Schmunzelnd fügte Sina noch hinzu, dass Krause sogar Namensgeber eines Salats in der Brüsseler Gastronomie war – „Salade Monsieur Rolf“.
Ralph Sina hatte Rolf-Dieter Krause in Brüssel kennengelernt, als er dort das WDR/NDR Hörfunkstudio leitete und Orientierung in dieser Megastadt suchte. „Es ist gut auf Rolf-Dieter Krause zu treffen, wenn man nach Brüssel kommt“, war dann auch sein Dank an den Referenten.
Die heutigen Brüsseler Spitzen waren als neues Format angelegt und die Besucher konnten einem launischen und sehr informativen Gespräch zwischen Sina und Krause folgen. Zwischenrufe und Einwürfe aus dem Publikum wurden unmittelbar aufgenommen und flossen in die Talk-Runde ein. Es waren die vielen persönlichen Erfahrungen, an denen Krause seine Zuhörer teilhaben ließ, die das Gespräch so authentisch und spannend machten. „Wo der Lokaljournalismus stirbt, nimmt Radikalismus zu“, war einer dieser Erkenntnisse. Oder, bei der Betrachtung einzelner europäischer Politiker, „Politik muss Menschen dienen“, wertete Krause, als er versuchte die Motivation der europäischen Vertreter bei der Verhandlung von Gesetzen zu beschreiben.
Auf die Frage hin, ob denn unsere Vertreter im europäischen Parlament gewissenhaft ihre Aufgaben wahrnehmen, stellte er fest, dass es kein Problem sei, seinen Arbeitstag komfortabel zu gestalten, aber „die Meisten nehmen ihre Aufgabe sehr ernst“.
Zwischendurch wollte man natürlich auch wissen, wie denn so die Pressearbeit in Brüssel ablaufe. Hier konnte er von den vielen langen Nächten auf harten Böden verharrend, berichten, wo Scharen von Presseleuten auf das Ende einer Sitzung und die heiß erwartete Verlautbarung warteten. Dennoch sei die Pressearbeit ungemein wichtig , ist doch die Pressefreiheit eigentlich eine Bürgerfreiheit.
Wie entstehen europäische Gesetze? Natürlich interessiert diese Frage, weil die Ergebnisse häufig Stoff für unendliche Diskussionen bieten. Das Lieferkettengesetz. Es ist sicherlich gut gemeint, aus Sicht der industrialisierten Europäer mit humanistischen Überzeugungen mit dem Gesetz Menschenleben und Menschenwürde in Produktionsländern zu schützen. Aber ist es auch so? Sina berichtete hier von seinen Erfahrungen aus Nairobi, wo die Afrikaner das Gesetz nicht als Schutzbrief verstehen, sondern sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen.
Viele Fragen drehten sich um das Thema europäische Außen- und Verteidigungspolitik. Gerade in den letzten Jahren und besonders nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine beschäftigen wir uns wieder mit Themen wie Aufrüstung, Verteidigungsfähigkeit und Kriegstüchtigkeit. Bei all diesen Nöten und Problemen bleibt doch Krauses Erkenntnis, „wir Europäer lösen Probleme am Verhandlungstisch“.
90 Minuten intensives Gespräch vergingen wie im Fluge und die Gäste bedankten sich mit stehendem Applaus. Die gereichten Schnittchen konnten nicht verhindern, dass die Gespräche, dann in kleineren Runden, intensivst fortgeführt wurden.