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NATO Talk 2024

Aufzeichnung, Bericht und Fotos vom NATO Talk 2024

Die diesjährige NATO Talk-Konferenz fand unter dem Motto „Weltpolitik im Wandel – Europa und NATO nach den US-Wahlen“ statt.
Gemeinsam mit dem George C. Marshall European Center For Security Studies war es uns eine Freude, Sie im gediegenen Ambiente des Hotel Adlon begrüßen zu dürfen, um unmittelbar nach der US-Wahl die Konsequenzen für die Welt gemeinsam zu analysieren.

Gegliedert in vier Themenblöcke näherten sich unsere Experten und Expertinnen aus Politik, Journalismus, Wissenschaft und Militär den dringenden Sicherheitsfragen unserer Zeit. Neben dem 75-jährigen Jubiläum der NATO stand der NATO Talk 2024 natürlich vor allem auch unter dem Eindruck des Bruches der Ampelregierung.
Eine besondere Ehre war es uns, die Parlamentarische Staatssekretärin bei dem Bundesminister der Verteidigung, Frau Siemtje Möller MdB, bei uns begrüßen zu dürfen. Im Gepäck hatte sie klare Worte: „Für die Welt, wahrscheinlich auch für Europa und für uns in Deutschland ist die erneute Wahl von Donald Trump tatsächlich eine Zäsur.“

Eröffnung durch Siemtje Möller MdB

Die Wiederwahl Donald Trumps, so die Staatssekretärin, bringe viele außen- und sicherheitspolitische Unwägbarkeiten mit sich. Besonders die Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland werde dadurch ungewiss.
Wir als Deutschland müssten daher mehr Verantwortung innerhalb der NATO übernehmen. Die Hilfen für die Ukraine müssten dauerhaft gesichert werden, da es sich bei dem russischen Angriff auch um eine Kampfansage an den Westen handele. Das Hauptaugenmerk der Bundeswehr sei daher bereits wieder auf die Bündnis- und Landesverteidigung gelegt worden. Eine starke Bundeswehr bedeute eine Stärkung Europas und der NATO. Eine starke NATO sichere wiederum den Frieden in Europa.

Panel 1: Der Ausgang der Wahlen in den USA und ihre strategischen Folgen

Unter der Leitung von Nora Müller (Körber-Stiftung) diskutierten die Teilnehmer über die Implikationen der US-Wahlen für Europa, besonders den Ukrainekrieg, und wandten sich danach dem globalen Kontext zu, um zu ermitteln, welche sicherheitspolitischen Entwicklungen in den nächsten Jahren auf Deutschland zukommen.

Während die Speaker sich in der Analyse einig waren, die Wiederwahl Trumps fördere Unsicherheit in der Welt, besonders in Europa, gab es an anderer Stelle Differenzen. Während Botschafterin a.D. Dr. Emily Haber und Camille Grand (ECFR) Besorgnis über die Handlungsfähigkeit der NATO äußerten, mahnte Bernard Finel (GCMC) zur Gelassenheit, da die NATO bereits in der Vergangenheit Krisen und Herausforderungen überstanden und gemeistert habe, sodass sich Europa keine Sorgen um den Fortbestand der NATO machen sollte.

Nichtsdestoweniger bestand Einigkeit darin, dass sich die USA vermehrt dem pazifischen Schauplatz zuwenden werden, da China ein stärkerer Rivale als Russland sei und die bestehende Weltordnung weit stärker herausfordere als Russland. Europa müsse sich in Anbetracht dieser Entwicklung verstärkt um die eigene Sicherheit kümmern und gegebenenfalls auch höhere Risiken in der Ukraineunterstützung eingehen.

Panel 2: Krieg in der Ukraine, Bedrohung Russland, Herausforderung China – was die NATO und die Europäer tun müssen

Im zweiten Panel legte die Moderatorin Theresa Winter (Friedrich-Naumann-Stiftung) den Fokus auf die europäischen Akteure im Kontext des Ukrainekrieges und ging der Frage nach, wie sich die euro-amerikanische Abstimmung bezüglich des Ukrainekrieges gestalte und was die dringendsten Handlungsfelder seien.
„Die Ukraine muss eigentlich immer im Zentrum unserer Aufmerksamkeit sein, weil das ist das Schlachtfeld, wo sich die Zukunft definiert.“ Mit diesem Satz brachte Ulrich Speck (NZZ) einen deutlich sichtbaren Grundkonsens der Diskutanten auf den Punkt: Russlands Expansionsdrang sei für die europäische Ordnung das derzeit größte Problem, dementsprechend müsse der Ukraine die nötige Unterstützung zuteilwerden.

Dabei wurde von Dr. Anna Wieslander (Atlantic Council) die hybride Kriegsführung Russlands gegen westliche und insbesondere europäische Staaten hervorgehoben. Sowohl Dr. Yevgeniya Gaber (GCMC) als auch Ulrich Speck waren bemüht, den Ukrainekrieg im globalen Kontext zu sehen, etwa im Zusammenhang der Ankunft nordkoreanischer Soldaten in der Ukraine, welche die global vernetzte Natur des Konfliktes deutlich machen. Auch werde Russland verstärkt von China unterstützt, welches seinerseits immer aggressiver auftrete, etwa gegenüber philippinischen Schiffen im Südchinesischen Meer. Zudem sei die iranisch-russische Verbindung ein weiterer Aspekt dieser Internationalisierung, durch die der Ukrainekrieg indirekt mit dem Konflikt im Nahen Osten in Verbindung trete. Ulrich Speck fasste diese globale Dimension als einen Konflikt zwischen liberalen und illiberalen Systemen zusammen.
Doch auch wenn im Kontext der gescheiterten Ampel-Regierung viele gewohnte außenpolitische Überzeugungen überdacht werden müssen (so Botschafter a.D. Martin Erdmann), hoben die Diskutanten auch hervor: Grundsätzlich besteht kein Grund zu übermäßigem Pessimismus. Denn im Systemkonflikt zwischen Autokratien und Demokratien verfügen Letztere über genügend eigene Stärken, wie etwa die eigene Innovationskraft, auf die Europa bauen kann.

75 Jahre NATO – im Gespräch

Im Gespräch mit General a.D. Dr. Klaus Naumann lenkte Dr. Jacques Schuster (Welt) den Fokus weg von den aktuellen Ereignissen auf die deutsche Sicherheitspolitik. General a.D. Dr. Naumann wies zunächst darauf hin, dass man die russische Strategie bereits im Georgien- oder Tschetschenienkonflikt hätte erkennen müssen. Deutschland habe mit der von Bundeskanzler Scholz angekündigten „Zeitenwende“ nichts weiter als eine Worthülse geschaffen. Die deutsche Selbstblockade in Folge des Endes der Ampel-Koalition schade Europa und müsse schnell überwunden werden, um die Zeitenwende nun tatsächlich in die Tat umzusetzen.

14:30 Uhr – Panel 3: Hybride Kriegsführung – Systemkonfrontation mit China und Russland

Dieses Panel war ein Novum – zum ersten Mal beim NATO Talk hatte die Junge DAG ein Panel organisiert und sich so inhaltlich in die Gestaltung der Konferenz eingebracht. Moderator Dr. Nicolas Fescharek (DAG) warf die Frage auf, was der parallele Anstieg chinesischer und russischer hybrider Angriffe auf Deutschland zu bedeuten habe: Sehen sich Russland und China in einem hybriden „Krieg“ gegen Deutschland? Gehen sie gemeinsam vor und welche Absichten verfolgen sie insbesondere auf den Gebieten der Desinformation und dem Angriff auf kritische Infrastruktur?

Wie Antonia Hmaidi (MERICS) mit Bezug auf den Begriff der chinesischen „hybriden Kriegsführung“ feststellte, bestehe im chinesischen Denken keine „intellektuelle Schranke zwischen Krieg und Frieden“. Vielmehr werde der Übergang als fließend wahrgenommen. Besonders in den Beiträgen von MdB Tobias Bacherle und Daniel Weimert (codetekt e.V.) wurde deutlich, dass auch in Europa ein wachsender Bewusstseinswandel darüber im Gange ist, wie die Funktionsweisen eines „hybriden“ Krieges sind. Beide betonten mit Fokus auf das Thema der Manipulation öffentlicher Meinung, es sei nicht möglich, dieser Bedrohungen rein verteidigungspolitisch oder gar militärisch zu begegnen. Einigkeit bestand anschließend auch darüber, dass auch das Internet selbst als kritische Infrastruktur zu bewerten sei.
Tobias Bacherle forderte daher, den Betreibern sozialer Netzwerke vorzuschreiben, gegen „Fake Accounts“ vorzugehen. Daniel Weimert sah darüber hinaus den Bedarf der „strategischen Kommunikation“ bis hin auf die lokale Ebene als bedeutender an. Eine sächsische Lokalzeitung spiele daher eine genauso wichtige Rolle wir große überregionale Medien.

Dass auch die Arktis ein Schauplatz hybrider Kriegsführung ist, machte Commander Rachael Gosnell (GCMC) deutlich. Dabei gehe es vor allem um die wichtige kritische Infrastruktur in der Region. Genauso wichtig sei aber, dass die Arktis letztlich auch zeige, wo Bruchlinien und Rivalitäten im chinesisch-russischen Verhältnis liegen.

Panel 4: Integrierte Abschreckung und Verteidigung – Folgen für Deutschland und die Bundeswehr

Zum Schluss beschäftigte sich Marco Seliger (NZZ) noch einmal mit den sicherheitspolitischen Debatten, die auf eine neue deutsche Bundesregierung zukommen werden.

Iris Lienhart (NATO) sprach sich für die Stationierung konventioneller US-Waffen in Deutschland als eine Reaktion auf Russlands Stationierung von Flugkörpern aus. Dr. Karl-Heinz Kamp betonte, dass die vom Bündnis Sarah Wagenknecht geförderte Antipathie gegenüber dieser Stationierung vor allem auch das Ergebnis fehlender Kommunikation von Regierungsseite sei.

Auch die Dienst- oder Dienstpflicht wurde nicht ausgespart. MdB Roderich Kiesewetter merkte dazu an, man müsse vor allem einen Sinn stiftenden Dienst anbieten, den die Bundesrepublik auch logistischen stemmen könne. Dienen um des Dienens Willen sei nicht zielführend. Genauso wenig sei es zielführend, für die Verteidigungsausgaben abstrakte Prozentziele zu definieren. Nötig sei, so Kiesewetter, konkrete Bedarfe zu formulieren und daraus die dafür notwendigen Summen abzuleiten.

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