In diesen Tagen übernehme ich den Vorsitz der Münchner Sicherheitskonferenz. Wolfgang Ischinger hat diese Konferenz im letzten Jahrzehnt zu einem weltweit einmaligen Forum für sicherheitspolitische Debatten entwickelt. In „München“ wird die Temperatur der internationalen Lage gemessen, und kein Zweifel, sie ist besorgniserregend!
Putin und Xi frönen einem neuen, aggressiven Nationalismus. In den USA besteht die Gefahr, dass in 2 1/2 Jahren wieder der Vertreter einer „America First“-Bewegung an die Macht zurückkehrt, der mit Putin und Xi eines gemein hat: die Abwendung vom Multilateralismus, von einer regelbasierten Ordnung, deren Grundlage die Charta der Vereinten Nationen und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist.
Und wo stehen wir in Deutschland? Man hat das Gefühl, dass wir aus unserem Dornröschenschlaf noch nicht aufgewacht sind. Die neue Regierung hat die Vorschläge zur Bildung eines Nationalen Sicherheitsrates, zur Bündelung der außenpolitischen Instrumente durch eine Zusammenlegung von Auswärtigem Amt und dem BMZ ignoriert. Die langfristige Finanzplanung wird keine substantielle Stärkung unserer militärischen Fähigkeiten erlauben, die Arbeiten am Aufbau einer schnellen europäischen Eingreiftruppe dümpeln vor sich hin genauso wie die gemeinsamen europäischen Rüstungsprojekte.
Der Deutschen Atlantischen Gesellschaft und der Münchner Sicherheitskonferenz kommt die Rolle des Prinzen zu: wir müssen einen Beitrag dazu leisten, Dornröschen aufzuwecken. Die viertstärkste Wirtschaftsnation muss eine stärkere Rolle als außenpolitischer Akteur spielen. Auch unsere Geschichte verpflichtet uns dazu. Wer sonst soll es machen?