„Hybrider Krieg ist alles, was unter der Schwelle bewaffneten Konfliktes bleibt“, erklärt Antonia Hmaidi. Dazu gehören Desinformationskampagnen und Sabotage von kritischer Infrastruktur, um das angegriffene Land wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich zu destabilisieren. Bei dieser Art der Bedrohung denken viele aktuell zunächst an Russland. Als die mittel- und langfristig größere hybride Bedrohung bewerten viele Expertinnen und Experten allerdings China.
Antonia Hmaidi ist Senior Analyst beim Mercator Institute for China Studies (MERICS). Sie bewertet die hybride Kriegsführung Chinas als Teil der chinesischen Strategie, Weltmacht Nummer Eins zu werden. Im digitalen Raum geschehe dies bisher vor allem durch Cyber-Spionage – unter anderem bei VW – aber auch die Beeinflussung der Präsidentschaftswahl in Rumänien durch „Troll-Armeen“ auf TikTok zeige, wie ernst das Thema zu nehmen sei.
Die Bundesregierung fördert das MERICS-Projekt „China Tech Observatory“, das Antonia Hmaidi leitet. Dabei geht es um die Bestandsaufnahme der Fortschritte Chinas in „kritischen Technologien“, wie zum Beispiel der Quantentechnologie, bei der China und die USA in unterschiedlichen Bereichen Fortschritte erzielt haben. Künstliche-Intelligenz-Systeme spielen ebenfalls eine große Rolle, beispielsweise die Large-Language-Modelle (LLM), aber auch die Gesichtserkennung und autonomes Fahren. Ein neues Big-Data-Zentrum Chinas ist wichtig für den Bereich Materialforschung, die mithilfe der neuen Technologie massiv beschleunigt wird.
In vielen dieser Bereiche sorge die chinesische Regierung dafür, dass zum einen gezielte Forschung stattfindet, zum anderen zwinge sie mitunter auch deutsche Firmen dazu, mit chinesischen Firmen zusammenzuarbeiten und ihr Wissen zu teilen, anstatt auf chinesischem Boden eigene Tochtergesellschaften zu gründen.
Wieviel Kooperation ist sinnvoll und wieviel Abwehr – also praktisch hybride Verteidigung – der EU ist zur gleichen Zeit nötig? Im Atlantic Talk Podcast diskutiert Host Oliver Weilandt mit der Expertin auch darüber, ob Deutschland bzw. die EU auch selbst „Hack-Backs“ betreiben sollten, die in Deutschland bislang verboten sind. Und wären wir dazu überhaupt in der Lage ? Was erreicht in diesem Zusammenhang die „Strategic Technologies for Europe Platform”, die die EU-Kommission Ende 2023 eingerichtet hat? Und schließlich: Was sind die dringendsten Empfehlungen Antonia Hmaidis an die deutschen und europäischen Entscheidungsträger?