Automatisch fahrende Autos, selbständig produzierende Fabriken, Roboter, die sozial auffällige Menschen scannen, verhaften und in High-Tech-Lagern isolieren? Zur Mehrung von Wohlstand und Sicherheit programmierte Raketen, die sich ihre Ziele selbst aussuchen? Sind das absurde Szenarien, oder ist das mit der Netzwerktechnologie 5G, der Künstlichen Intelligenz KI, dem Internet der Dinge und weiteren technologischen Entwicklungen schon machbar?
Die geopolitischen Konkurrenzen zwischen den Großmächten USA und China sind jedenfalls längst geprägt durch den Kampf um die Hoheit in diesem scheinbar ortlosen Raum der globalen digitalen Datenströme. Welche Rolle kommt Europa dabei zu? Was sollten wir wollen auf dem Weg zu einer »Digitalen Europäischen Souveränität«? Setzt die Europäische Union auf Partnerschaften, oder auf Alleingänge? Wie kann Europa die Kraft finden, die individuellen Freiheitsrechte seiner Bürgerinnen und Bürger und vielleicht sogar der Menschheit durch die Etablierung überzeugender Normen und Regeln zu schützen und zu sichern?
Kaan Sahin ist Experte für »Digitale Souveränität« und »Cyber Diplomacy« und arbeitet als Research-Fellow der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Digitale Souveränität umfasse weit mehr als es Begriffe wie »Cyber-Security« ausdrücken können, sagt Sahin. Schlüsseltechnologien zu entwickeln, Normen zu setzen und Resilienzen zu stärken – das seien die Zielsetzungen, denen eine Souveränitäts-Diplomatie folgen müsse. Der Datenraum-Experte hat im Auswärtigen Amt gerade maßgeblich an einem im November 2020 veröffentlichten inoffiziellen Positionspapier zu den Leitlinien für die zukünftige europäische Digital-Strategie mitgearbeitet. Kaan Sahin steckt also mittendrin in der aktuellen Suche nach den besten europäischen Antworten auf die strategischen Herausforderungen, die die Digitalisierung mit ihren segensreichen Chancen und ihren fluchähnlichen Gefährdungen für unsere Zukunft mit sich bringen kann.