Original-Beitrag auf kas.de
Der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine tritt in diesen Tagen in den fünften Monat. Die Nachrichten und Fernsehbilder aus den Kampfzonen werden hierzulande weiterhin in empathisch-mitfühlender Weise verfolgt, das Entsetzen der ersten Wochen ist gleichwohl einer routinierteren Betrachtung gewichen. Demonstrationen gegen die barbarische Moskauer Kriegsführung, sollte es sie noch vereinzelt geben, erreichen nicht mehr das öffentliche Bewusstsein. Die Schlagzeilen werden zunehmend bestimmt von ausbleibenden Gaslieferungen, Gasknappheit im kommenden Winter und den Auswirkungen der westlichen Sanktionen und russischen Reaktionen für die Menschen in Deutschland und Europa.
Selbsternannte „Intellektuelle“ mit scheinbar friedensethischem moralischen Anspruch rufen zu einem Ende der Kampfhandlungen auf und schlagen „Gespräche“ sowie eine nebulöse „Verhandlungslösung “ vor – mit einem Moskauer Régime, das zuletzt ausschließlich durch Lügen, Hasspropaganda und einem beispiellosen Abschlachten der ukrainischen Zivilbevölkerung aufgefallen ist. Ein Ende dieser menschenverachtenden russischen Aggression ist nicht absehbar; im Gegenteil, jetzt bedient sich Russland noch militärtechnischer Unterstützung aus dem Iran. Nichts deutet derzeit auf ein Einlenken Moskaus hin!
In dieser Situation ist politische Klarheit und Standfestigkeit gefordert, weder Wunschdenken noch diplomatische Verrenkungen gegenüber Moskau helfen weiter.
Klar muss sein, dass
- für einen unvorhersehbar langen Zeitraum der politische Westen, vor allem der euro-atlantische Raum seine Sicherheit nicht mehr mit oder ohne, sondern nur gegen Russland organisieren wird;
- die Gestaltung einer künftigen Sicherheitsarchitektur in Europa dem Grundsatz der Sicherheit vor Russland folgen muss. Dies betrifft in erster Linie unsere militärische Solidarität mit den EU- und Nato-Staaten an der Ostflanke, insbesondere im Baltikum;
- die Rücksichtnahme auf außen- und sicherheitspolitische Empfindlichkeiten Moskaus ein Ende haben muss. Die blauäugige Beschwichtigungspolitik der vergangenen drei Jahrzehnte – trotz Georgienkrieg 2008, Krimannexion 2014, des grausamen Vorgehens gegen die syrische Zivilbevölkerung und staatliche Auftragsmorde sowie Cyberattacken – sind in der Rückschau eine moralische Bankrotterklärung des Westens. Kein Geringerer als der Bundespräsident hat auf diese Irrtümer hingewiesen;
- Putin vor allem auf Deutschland und seine öffentliche Meinung schaut. Er setzt auf die Erosion der bisher überwiegend gezeigten Standhaftigkeit der deutschen Politik gegenüber dem russischen Angriffskrieg;
- sich vor diesem Hintergrund ein Gerede über Gesprächsangebote und Brückenbau gen Moskau verbietet. Das damit verbundene außen- und sicherheitspolitische Glaubwürdigkeitsdesaster wäre verheerend für das deutsche Ansehen und würde Putin in die Karten spielen.
Ob, wann und wie eine von Realitätssinn geprägte Gesprächskultur mit Moskau je wieder möglich sein wird, hängt einzig und allein vom Kreml ab. Voraussetzungen sind die Abkehr von Angriffskrieg, Barbarei, Lügen, Hasspropaganda und eine insgesamt auf Vernichtung des „Westens“ ausgerichtete Politik.