Artikel aus den Niederrhein Nachrichten
»Auf die Frage, was denn Europa für ihn sei, antwortete ein Schüler: „Sehnsuchtsort“, wusste Ralph Sina aus seinen Erlebnissen als ehemaliger WDR-Brüssel-Korrespondent zu berichten. Mit dieser für ihn so treffenden Beschreibung leitete der erfahrene Brüsseler Pressemann die „Talkrunde – Zeitenwende für die EU“ ein.
Für diese Gesprächsrunde am Europatag hatte er seine Freunde Elmar Brok, langjähriger EU-Parlamentarier und Kämpfer für die europäische Idee, und Rainer Steffens, Jurist und Leiter der Landesvertretung NRW bei der EU, eingeladen. Die Veranstaltung wurde von der Kooperationsgemeinschaft Deutsche Atlantische Gesellschaft (DAG), der Gesellschaft für internationale Begegnungen Kleve (GIB) und der Sparkasse RheinMaas organisiert und getragen.
Zunächst hatten die Veranstalter diese Talkrunde im kleinen Kreis geplant, mussten dann aber wegen des doch unerwartet hohen Zuspruchs auf eine größere Lokalität ausweichen. So durften Dr. Kurt Kreiten, Mike Urban und Willi Röth ihre Gäste im gut gefüllten Kolpinghaus Kleve begrüßen und gaben nach einer kurzen Einführung schnell an den Moderator, Ralph Sina weiter. Der erste Themenkomplex beschäftigte sich mit der Migration. Auf die Frage, was denn die Menschen nach Europa treibt, wagte Elmar Brok eine Erklärung: „Da, wo es eine Zukunft gibt, wollen andere Menschen ohne Hoffnung hin“. Eigentlich sollte diese Erkenntnis stolz machen, lebt man doch genau in diesem Europa, dass für Viele ein Ort der Zukunft ist.
Natürlich mussten die Themen Ukraine-Krieg und Klimawandel behandelt werden und so wusste Rainer Steffens zu berichten, dass auch die Rüstungsindustrie mittlerweile Wege sucht, sich mit grünem Strom zu versorgen. Dies ist jedoch nicht immer leicht, weil Versorger aus Gründen mangelnder Akzeptanz ihrer Stakeholder zögern, die Rüstungsindustrie zu beliefern. Die Frage, wer denn der Ukraine für den Fall von Friedensverhandlungen eine Sicherheitsgarantie gewähren könnte, konnte nicht beantwortet werden. Weder NATO, noch USA und UNO waren offensichtliche Optionen. Nächstes Thema: China.
Jetzt nahm die bisher bereits sehr dynamische Gesprächsrunde richtig Fahrt auf. Elmar Brok setzte jetzt sowohl den erhobenen Zeigefinger als auch seine kräftige Stimme ein, um vor der Wiederholung von Fehlern zu warnen. Die Chinesen hätten einen 20-Jahresplan und ordneten alle ihre Aktivitäten diesem unter. Man möge nicht glauben, dass Deutschland der chinesischen Industrie helfe, eher sei es umgekehrt. Weiter zog er hier einen Vergleich mit der europäischen Abhängigkeit von russischem Gas. „Häfen sind das chinesische Gas“, mahnte er und spielte auf die Beteiligung der Chinesen bei unzähligen Häfen in Europa und der übrigen Welt an.
Mit ein wenig Resignation fragte Elmar Brok in die Runde: „Gibt es in der deutschen Politik jemanden, der sagt, er wäre stolz Europäer zu sein?“ Offensichtlich hatten die Talker ausreichend Stoff geliefert, um die Gäste in das Gespräch einzubeziehen. Die 45 Minuten für Fragestellungen mussten dann auch deutlich um 30 Minuten überzogen werden, ohne dass alle hätten beantwortet werden können. Sehr erfreut mit dem Ergebnis bedankten sich die drei Veranstalter, Dr. Kurt Kreiten, Mike Urban und Willi Röth bei den EuropaExperten und den Gästen. Einig waren sie sich gleich, dass so ein Erfolg wiederholt werden müsse.«