„Gemeinsam die Kommunikationskanäle glühen lassen“
Trotz politischer Differenzen sind US-EU-Beziehungen immer noch tief und breit
Eine große Runde traf sich am 12. Oktober im Ludwig Erhard Zentrum in Fürth, dem Wahlkreis des DAG-Präsidenten und Bundesminister a.D. Christian Schmidt MdB, um über die U.S.-Wahlen und ihre Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen zu diskutieren. Gekonnte Fragen stellte Martin Wagner, ehem. Hörfunkdirektor des Bayerischen Rundfunks.
Über eines waren sich die Teilnehmer/Innen im Großen und Ganzen einig: Die transatlantischen Beziehungen sind von vielen Aspekten geprägt und in den allermeisten hiervon reicht die Kooperation und Vernetzung zwischen den USA und Europa sehr weit – unabhängig davon, wer das Präsidentenamt besetzt. Und das ist auch im Leben und Denken der Bevölkerungen immer noch verankert.
Kathrin Geck, ehemalige Teilnehmerin des Parlamentarischen Partnerschaftsprogramms und Startup-Gründerin, war in Fürth das lebendige Beispiel für die Inspiration und den Austausch zu amerikanischer Gründungsfreude, die junge Unternehmer/Innen in Europa gerade heute antreibt. „Wir können voneinander lernen“, sagte sie.
Mehr Gleichgewicht in den US-Europa-Beziehungen
Der Ehrengast des Abends, U.S.-Generalkonsulin in München Meghan Gregonis, pflichtete ihr bei und betonte u.a. die Standortvorteile und die pro-business-Einstellung des Präsidenten, die deutsche, v.a. Technologie- und Automobil-Unternehmen in den USA nutzen. Sie betonte zusätzlich die Breite der U.S.-Europäischen Beziehung im militärischen und gesellschaftlichen Bereich. Allerdings merkte sie auch an, dass mehr „Gleichgewicht“ in den Beziehungen geschaffen werden müsse, bspw. im Engagement in der NATO.
Prof. Dr. Stefan Fröhlich der Universität in Erlangen-Nürnberg gab ein differenziertes Bild der Vernetzung der transatlantischen Wirtschaft und Handelsstreitigkeiten ab: Zwar sei Präsident Trumps martialische Rhetorik in Handelsfragen gegenüber den europäischen Partnern stets präsent gewesen, doch am Ende „weiß er vielleicht doch, warum er nicht so weit gegangen ist und wie eng die Vernetzung ist“. Beide Seiten hätten in der Auseinandersetzung der Trump-Jahre berechtigte Argumente gegeben: Deutschland könne tatsächlich, aber v.a. im eigenen Interesse, seinen angestauten Investitionsbedarf austarieren und Europa habe zu Beginn der Trump-Administration dessen Vorschläge zu handelspolitischen Initiativen gegenüber China ignoriert, doch seien bspw. Trumps Anschuldigungen zur deutschen Manipulation des Euro aufgrund der Währungs-Zuständigkeit der EZB ins Leere gelaufen.
Peter Beyer MdB, Transatlantikkoordinator der Bundesregierung, stellte vor allem die Verbesserungswürdigkeit des politischen Verhältnisses in den Beziehungen der USA und Deutschlands/der EU heraus. Er warnte, auch bei der Wahl eines neuen Präsidenten Biden, vor „transatlantischer Nostalgie“. Er forderte, dass die Europäer aus Brüssel, Berlin, Paris und anderen europäischen Hauptstädten „gemeinsam die Kommunikationskanäle glühen lassen [müsse] in die USA“ und Deutschland insofern Verantwortung tragen müsse, indem es nicht auf die Wahl eines neuen Präsidenten warte, sondern „programmatische, inhaltlische und strategische Vorschläge“ macht.
DAG-Präsident Christian Schmidt betonte ebenso, dass Europa als „wichtiger Dreh- und Angelpunkt für amerikanische Politik im Schwinden begriffen“ sei und die Europäer sich darauf einstellen müssten, dass Amerika seine eigenen Interessen stärker verfolgen werde und es ihnen gleichtun solle. Zusätzlich sah Herr Schmidt vor allem das deutsche Kanzleramt als den zentralen Ansprechpartner der USA in Europa – auch weil französische Vorschläge häufig von den Deutschen für die U.S.-Amerikaner erst einmal „übersetzt“ werden müssten.
Die abschließenden Fragen des Abends zu den Streitthemen North Stream 2 und 5G beantwortete die U.S.-Generalkonsulin Gregonis mit einem Appell an Deutschland und Europa, hier die strategische Bedeutung dieser politischen Entscheidungen zu erkennen und aktiv zu gestalten, bspw. werde bei 5G „über unsere digitale Zukunft entschieden“.
Zusammen mit Frau Geck betonte sie zudem, dass das Einbeziehen der jungen Leute v.a. in wirtschaftlicher Hinsicht große Chancen für die Zukunft der transatlantischen Beziehungen birgt.