Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika bilden die Staatengemeinschaft BRICS. 2024 sollen Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate dazukommen. Damit werden die BRICS zu den BRICS Plus. 16 weitere Staaten haben sich um die Mitgliedschaft beworben. In dieser Folge des Atlantic Talk Podcast geht es um die Frage, welche Ziele diese Staatengruppe aktuell verfolgt und welche Dynamik ihre Erweiterung bedeutet.
Zu Gast ist Dr. Melanie Müller von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Die promovierte Politologin ist Expertin für die Region Afrika und hat erst kürzlich eine Studie zur Erweiterung der BRICS-Gruppe veröffentlicht. Natürlich habe China als größter und mächtigster Staat eine enorme Bedeutung in dieser Gruppe. Dennoch bringt die Erweiterung und das enorme Interesse an der Gruppe erhebliche Dynamik in der globalen Sicherheitsarchitektur mit sich.
Der „Elefant im Raum“ ist neben den teils starken Gegensätzen zwischen einzelnen BRICS-Mitgliedsstaaten die Frage nach dem Umgang mit Russland, schließlich steht der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Gegensatz zum erklärten Ziel der BRICS-Staaten, der Friedensförderung. Dass sich zunächst einige afrikanische Staaten – darunter Südafrika – bei der Abstimmung von UN-Resolutionen zur Verurteilung des russischen Angriffs enthalten haben, sei zwar als überraschend wahrgenommen worden. Afrika-Experten hätten das in gewisser Weise aber durchaus erwartet, nicht zuletzt wegen einer großen Sorge: Sollte es zu einem ausgewachsenen Handelskonflikt zwischen China und den USA kommen, würden zum Beispiel die afrikanischen Staaten Gefahr laufen, zwischen den Großmächten zerrieben zu werden. Melanie Müller und Moderator Oliver Weilandt sprechen daher auch darüber, wie die Militärübung Südafrikas mit Russland am Jahrestag des Kriegsbeginns zu bewerten ist.
Um die Selbsteinschätzung der BRICS Plus-Staaten als „Globaler Süden“ besser zu verstehen, sei es hilfreich, deren Kritik an der bisherigen Dominanz der westlichen Industriestaaten unter US-amerikanischer Führung zu hören. Dazu zählten die Unzufriedenheit bezüglich der Beteiligung der Staaten des Globalen Südens in multinationalen Foren, aber auch die fehlende Freigabe von Patentrechten für Impfstoffe in der Corona-Pandemie. „Den Westen und die EU sehen diese Staaten nicht mehr unbedingt als die bevorzugten Partner an“, erklärt Müller. Mit dem Bedeutungsgewinn der BRICS-Erweiterung wachse im Westen nun allerdings auch die Sorge, dass sich China damit „einen Club der Verbündeten“ schaffe.
Es sei noch offen, welche gemeinsame Vorstellung eines „inklusiven Multilateralismus“ BRICS-Staaten wie Russland, China und Iran haben können. Umso spannender sei die Frage, was man strukturell international verändern könnte, um beispielsweise afrikanischen Staaten politisch und wirtschaftlich auf Augenhöhe zu begegnen.