Deutsche Atlantische Gesellschaft e.V.

(25) Internationale Strafgerichtshöfe und Gerechtigkeit – eine Bilanz

Dr. Serge Brammertz, der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) ist davon überzeugt: Niemand auf dieser Erde kann sicher sein, ungestraft davon zu kommen, wenn er oder sie für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen der Aggression oder den Tatbestand von Kriegsverbrechen innerhalb von Kriegen verantwortlich ist. Ebenso wahr ist aber, dass die politischen Realitäten die Anwendung des Internationalen Strafrechts allzu oft verunmöglichen und selbst schlimmste Kriegsverbrechen und Genozide nicht verhindern.

Der vom belgischen König zum Baron geadelte Jurist Brammertz geht im Atlantik Talk mit Moderator Oliver Weilandt auf die Gründe dafür ein und erläutert Chancen und Grenzen der heutigen internationalen Strafverfolgung. So ist das Jugoslawien-Tribunal 1993 zum Beispiel als Ad-Hoc-Strafgericht im Auftrag des UN-Sicherheitsrates eingesetzt worden. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (ICC) hingegen besteht erst seit 2002 und ist eine Einrichtung von derzeit 123 Vertragsstaaten, die sich diesem Gericht in einem multilateralen Vertrag, dem »Römischen Statut«, unterstellt haben.

Durch seine akribische Arbeit, tausende Gespräche, mehrere Millionen Dokumente und nicht zuletzt durch die Verurteilung von Radovan Karadžić und Ratko Mladić zu lebenslanger Haft hat Serge Brammertz die Hoffnung auf Gerechtigkeit auch für die ungezählten Opfer in anderen Konflikten zu einer politischen Option und einem Teil des öffentlichen Weltwissens werden lassen. Die Bedeutung dieser Tatsache ist wohl kaum zu überschätzen.

Am 8. Juni wird das Urteil im Berufungsverfahren des wegen Völkermordes zu lebenslanger Haft verurteilten ehemaligen Generals Ratko Mladić erwartet, während Serge Brammertz von seinem derzeitigen Dienstsitz im tansanischen Arusha aus Kriegsverbrecher im Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofes für Ruanda verfolgt. 

Sollten Sie sich weiter mit dem Thema auseinandersetzen wollen, weisen wir gerne auf die aktuelle ARD/ ARTE Dokumentation »Krieg vor Gericht« von Lucio Mollica hin, die einen umfassenden Blick auf den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien richtet und in der Dr. Brammertz auch zu Wort kommt.

Zu Gast:

Dr. Serge Brammertz

Ankläger des International Residual Mechanism for Criminal Tribunals (IRMCT)

Serge Brammertz, Ankläger des International Residual Mechanism for Criminal Tribunals (IRMCT), ist seit mehr als einem Jahrzehnt in leitenden Positionen mit der Untersuchung und Verfolgung schwerer internationaler Verbrechen betraut.

Er war Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs der Vereinten Nationen für das ehemalige Jugoslawien von Januar 2008 bis zu dessen Schließung im Dezember 2017. Von Januar 2006 bis Dezember 2007 war er Kommissar der internationalen unabhängigen Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zur Ermordung des ehemaligen libanesischen Premierministers Rafik Hariri.

Zuvor, im September 2003, war er der erste stellvertretende Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, wo er die ersten ICC-Ermittlungen in Uganda, der Demokratischen Republik Kongo und Darfur einleitete.

Vor seinen internationalen Ernennungen war Brammertz zunächst nationaler Richter und dann Leiter der Bundesstaatsanwaltschaft des Königreichs Belgien. Staatsanwalt Brammertz hat einen Abschluss in Rechtswissenschaften von der Universität Louvain-la-Neuve, einen Abschluss in Kriminologie von der Universität Lüttich und einen Doktortitel in internationalem Recht von der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, Deutschland, wo er zum Thema "Grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit" promovierte.

Staatsanwalt Brammertz ist derzeit Vizepräsident des Exekutivkomitees der International Association of Prosecutors (IAP).

Moderation:

Oliver Weilandt

Geschäftsführer der Hörfunkagentur »Internationaler Audiodienst (iad)«

Oliver Weilandt moderiert den »Atlantic Talk Podcast« der Deutschen Atlantischen Gesellschaft. Der Agenturleiter und Autor zahlreicher Radiofeature und politischer Hintergrundberichte auf den Wellen der ARD sowie in den Programmen des Deutschlandradios verantwortet unter anderem auch das Privatfunkprogramm der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

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