Was hat die NATO-Osterweiterung mit Dating und Partnersuche zu tun? Was ändert es, wenn der Frauenanteil im UN-Sicherheitsrat erhöht wird? Braucht Sicherheitspolitik mehr oder weniger demokratische Debatte? Wie viele Väter hat das Kind des Nationalen Sicherheitsrates und wird es nun wirklich zur Welt gebracht?
Beim zweiten Security Slam, der am 20. Mai 2025 in der Körber-Stiftung in Hamburg stattfand, wurde wieder klar: Die sicherheitspolitische Forschung in Deutschland ist sehr divers und vielschichtig und ihre Ergebnisse gehen uns alle an. In sechs unterhaltsamen und zum Teil sehr humorvollen Kurzvorträgen präsentierten die sechs Slammerinnen und Slammer des Abends ihre unterschiedlichen Themen vor einem voll besetzten Haus.



Hans-Georg Ripken promoviert an der Universität Mannheim zum Thema „NATO-Osterweiterung in den 1990er Jahren – Eine qualitative und datenbasierte Analyse der öffentlichen Debatte in Deutschland, den USA, Polen und Russland“. In seinem Vortrag thematisierte er unter dem Titel „Verliebt in Sicherheit“ die Suche Polens nach Sicherheit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und stellte diese Suche humorvoll als Partnersuche auf einer Online-Plattform dar. Dabei machte er klar, wie dringend die mittel- und osteuropäischen Staaten nach 1989 nach Sicherheit suchten, zeigte aber auch sehr anschaulich, wie die Interessen der vielen anderen an diesem Prozess der NATO-Osterweiterung beteiligten Staaten gelagert waren.
Carla Schanz studiert derzeit im Master International Political Economy an der London School of Economics. In ihrer Bachelorarbeit untersuchte sie, ob Frauen im UN-Sicherheitsrat andere Entscheidungen treffen als Männer. Anders herum gefragt, beschäftigt sich der UN-Sicherheitsrat vor allem mit Fragen wie Krieg und Waffen, wenn er überwiegend männlich besetzt ist? In ihrer Forschung zeigt Carla, dass eine höhere Frauenquote im UN-Sicherheitsrat nicht zwangsläufig zu anderen Entscheidungen führt. Allerdings lässt sich darstellen, dass in den letzten Jahren eine Verschiebung der Agenda des Sicherheitsrates hin zu Themen wie Women, Peace and Security oder auch Kinder in Kriegsgebieten stattgefunden hat und dass Frauen mitgeholfen haben, das Bewusstsein für diese Themen im Sicherheitsrat zu schärfen.



Christina Moritz, derzeit Fellow am Center for Intelligence and Security Studies (CISS) der Universität der Bundeswehr München, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema des Nationalen Sicherheitsrates und argumentierte in ihrem Vortrag, dass der alte Bundessicherheitsrat vollkommen ungenügend ist (bzw. war), um aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Denn bisher gab es keine Institution, um zentrale Informationen zusammenfließen zu lassen und eine für ganz Deutschland relevante Sicherheitsstrategie zu verfassen. Ironisch kommentiert Christina, die schon seit vielen Jahren für einen Nationalen Sicherheitsrat kämpft, dass nun, nach dem der Nationale Sicherheitsrat tatsächlich den Weg in den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung gefunden hat, die Zahl der Väter exponentiell angestiegen sei. Doch sie bleibt vorsichtig: Was wir jetzt brauchen, sind Ärzte und Hebammen, um das Kind auch tatsächlich auf die Welt zu bringen.
Prof. Tim Büthe, Professor am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen an der Hochschule für Politik an der Technischen Universität München, beschäftigt sich in seiner Forschung mit der Frage der Bürgerbeteiligung an sicherheitspolitischen Debatten. Spricht sich die deutsche Öffentlichkeit nur dann für mehr Verteidigungsausgaben aus, wenn die politischen Eliten dafür werben? Gemeinsam mit einem Team von Forschern konnte Tim zeigen, dass Menschen, denen detaillierte Informationen zu militärischen Bedrohungen vorgelegt werden, durchaus bereit sind, sich für mehr Verteidigungsausgaben auszusprechen. Die deutsche Öffentlichkeit ist also durchaus in der Lage, zu komplexen Themen differenzierte Meinungen zu entwickeln und das suggeriert: Auch in diesem Bereich sollten wir mehr Demokratie wagen!



Mando Gloger, aktuell Projektreferent für strategische Vorausschau bei der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, untersucht, wie KI die Interaktionen verschiedener Arbeitsebene in Behörden und Unternehmen verändert. Tendenziell haben neue KI-Anwendungen die Tendenz, Arbeitsprozesse auf der unteren Ebene effizienter zu machen und zu beschleunigen. Dies kann die mittlere Führungsebene in Bedrängnis bringen, weil sie mit diesem Tempo nicht schritthalten kann. KI interferiert also mit hierarchischen Strukturen, was gerade für das Militär ein Problem darstellt.
Manuel Pietzko, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Industriebetriebslehre der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, untersuchte in seiner Dissertation „Die EU als internationale Akteurin im Wandel. Selbstperzeptionen der Europäischen Union in EU Global Strategy und Europäischer Sicherheitsstrategie“, wie sich die Selbstbilder der EU in den letzten 20 Jahren gewandelt haben und zeigte eindrucksvoll, wie sich mit den zunehmenden internationalen Krisen der Blick der EU auf die Welt und sich selbst erheblichen Anpassungen hat unterwerfen müssen.



Durch den Abend führte wieder die Hamburger Moderatorin und Schauspielerin Insina Lüschen. Die Deutsche Atlantische Gesellschaft bedankt sich sehr bei der Körber-Stiftung für die Gastfreundschaft und bei Scienceslam.de bei der professionellen Betreuung und Vorbereitung der Slammerinnen und Slammer des Abends!


