„Wir werden mit jedem Präsidenten arbeiten und leben müssen“ – Eine Diskussion zur Zukunft der Transatlantischen Beziehungen aus dem Bundeszimmer des Hotel Adlon in Berlin
Im altehrwürdigen Berliner Adlon Hotel, direkt gegenüber der Botschaft der Vereinigten Staaten und mit Blick auf das Brandenburger Tor, trafen sich am 28. Oktober 2020 mehrere Expert/Innen aus Politik, Forschung und Gesellschaft zu einem gemeinsamen Austausch über die Zukunft der transatlantischen Beziehungen.
Durch den Abend führte Moderatorin Dr. Ursula Weidenfeld, die in Berlin als Wirtschaftsjournalistin und Podcasterin tätig ist.
Die Diskussion eröffnete der Präsident der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, Prof. Dr. Johannes Varwick, mit einer These: „Die Stimmung in Europa ist sehr aufgeregt. So wird in Europa von einer ›Jahrhundert- oder Schicksalswahl‹ gesprochen. Allerdings hat jede U.S.-Präsidentschaftswahl fundamentale Konsequenzen für die internationale, europäische und deutsche Außen- und Sicherheitspolitik, aber wir werden mit jedem Präsidenten arbeiten und leben müssen“, so Varwick. Weiter vermutete er, dass es auch unter einer Biden-Administration für die europäischen Verbündeten ungemütlich werden könne. Die U.S.- Regierung befände sich aktuell in einer Position, in der sie viel von ihren Verbündeten einfordern könne und dies auch tun werde.
Frau Sudha David-Wilp vom German Marshall Fund of the United States in Berlin stimmte diesen Aussagen zu und machte zusätzlich deutlich, dass Präsident Donald Trump insofern ein Sonderfall in der jüngeren amerikanischen Geschichte sei, als dass er kein Interesse an einem starken, stabilen Europa als Partner habe, sondern es vielmehr als „Feind“ sehe.
Der Vorstandsvorsitzende der Initiative junger Transatlantiker, Chris Becker, argumentierte, dass es nicht die primäre Aufgabe der transatlantischen Community sei, die amerikanische Politik zu verteidigen, sondern die zwar kulturell sehr stark beeinflusste, aber ohne übergeordnetes transatlantisches Narrativ aufwachsende jüngere Generation wieder stärker an die USA als Staat und Gesellschaft heranzuführen. Geschehen könne dies, so Becker, bspw. durch die Intensivierung der internationalen Bildungs- und Forschungszusammenarbeit oder durch Austausch in Sport und Kultur.
Dr. Fritz Felgentreu MdB und Prof. Dr. Varwick verdeutlichten noch einmal, dass die amerikanische Innenpolitik die Außenpolitik stark beeinflusse. Die Tatsache, dass Präsident Trump vom amerikanischen Volk mit seiner anti-multilateralistischen Grundhaltung gewählt wurde, könne auch ein möglicher Präsident Biden nicht außer Acht lassen und müsse diese politisch berücksichtigen.
In der Abschlussrunde zeigten sich die Diskutanten grundsätzlich vorsichtig optimistisch, dass sich die transatlantische Kooperation unter einem möglichen Präsidenten Joe Biden revitalisieren könne. Trotzdem war allen Teilnehmer/Innen bewusst, dass die Konfliktfelder zwischen den USA und Europa wie beispielsweise der Umgang mit China oder der schwelende Handelskonflikt sich nicht in Luft auflösen werden. Europa werde in Zukunft deutlich mehr Verantwortung übernehmen und Initiative zeigen müssen.
Veronika Fucela wies in diesem Kontext beispielsweise auf die besondere Vorbildrolle Deutschlands als wirtschaftsstärkste Nation in Europa hin und lies anklingen, dass Deutschland im EU-Kontext mit verantwortlichen und zukunftsfähigen Vorschlägen in der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik vorangehen müsse.
Wir möchten uns bei den Diskutanten herzlich für ihre spannenden Beiträge bedanken und natürlich bei der Deutschen Atlantischen Gesellschaft für die Einladung an uns, die Berliner Hochschulgruppe des Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen.