Gemeinsam mit dem DAIS haben wir uns gefreut, Sie zu dieser hybriden Veranstaltung begrüßen zu dürfen!
Beim nächtlichen Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs Ende Juni 2021 in Brüssel geriet die ungarische Regierung Viktor Orbáns ins Kreuzfeuer der Kritik: Das umstrittene Gesetz, welches den Zugang zu Inhalten, die Homosexualität darstellen, für Personen unter 18 Jahren verbietet, verursachte heftige Wortgefechte und verleitete den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte gar dazu, Orbán den Austritt aus der Europäischen Union zu empfehlen. Dies fügt sich in eine Reihe von Vertragsverletzungsverfahren ein, wie sie die EU-Kommission in den vergangenen Jahren gegen Ungarn und weitere osteuropäische Staaten wie Polen eingeleitet hatte, um etwa auf die graduelle Beschränkung der Unabhängigkeit der Justiz in Polen zu reagieren.
Damit ist das Bild in Osteuropa dreißig Jahre nach dem von Bewegungen wie der Solidarność oder der Montagsdemonstrationen in Leipzig mitverursachten Fall des Eisernen Vorhangs gespalten. Zwar spielen zivilgesellschaftliche Bündnisse nach wie vor eine große Rolle, so auch jene, die in Polen zu Massenprotesten gegen das Abtreibungsverbot oder in Belarus zum Widerstand gegen Machthaber Alexander Lukaschenko aufriefen. Dem gegenüber stehen aber eine messbare Erosion der demokratischen Qualität sowie wachsende rechtspopulistische Tendenzen, die mit dem Aufstieg der Alternative für Deutschland auch in Dresden oder Leipzig Anklang finden.
Wir nahmen dieses regionale Panorama und die Frage nach dem Transformationserbe der 1990er Jahre im Osten zum Anlass, um zivilgesellschaftliche Bündnisse und ihren Einfluss in Politik und Gesellschaft in der Region im neuen Jahrzehnt zu beleuchten.
Dabei hatten wir auch die High-Politics-Ebene im Blick und fragten nach dem Schutz der gemeinsamen europäischen Werte durch Instrumente wie dem EU-Rechtsstaatsmechanismus. Eine geopolitische Einordnung rundete die Veranstaltung ab: Woher kommt das Feindbild Russland, das in einem Ost-West-Gegensatz gerne evoziert wird? Und wo stehen die osteuropäischen Länder zwischen dem US-Interesse an einer Stärkung der Ostflanke der NATO und dem deklarierten Ziel des NATO-2030-Prozesses, die Kernidentität des Bündnisses auf Basis der Grundsätze der Demokratie stärken zu wollen?
Diese Diskussion im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe »Die Welt bei einem Kaffee« fand in Kooperation mit dem Deutsch-Amerikanischen Institut Sachsen e.V. statt.